Kanalwartung - was denn noch alles?

Hitzfelder Stefan
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Blog
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February 19, 2022
Gemeinden sind fast chronisch personell in ihren Bauhöfen unterbesetzt. Die Kanalwartung zusätzlich zu Winterdiensten, Grünpflege etc. durchzuführen provoziert traditionell die Aussage: Was sollen wir denn noch alles machen? Das geht sich nicht auch noch aus!
Instandhaltungsmanagement

Kanalwartung - was denn noch alles?

Gemeinden sind fast chronisch personell in ihren Bauhöfen unterbesetzt. Die Kanalwartung zusätzlich zu Winterdiensten, Grünpflege etc. durchzuführen provoziert traditionell die Aussage: Was sollen wir denn noch alles machen? Das geht sich nicht auch noch aus!

Von

Hitzfelder Stefan

am

19.2.2022

Die Kanalnetzbetreiber (ungeachtet dessen, ob sie eine Gemeinde, ein Verband oder eine andere Rechtsform sind) haben per Wasserrechtsbescheid die Verpflichtung der Eigenüberwachung ihrer Kanalanlage. Gemeinhin als "Kanalwartung" bekannt. Als Begriff. Aber inhaltlich?
Gemeinden sind fast chronisch personell in ihren Bauhöfen unterbesetzt. Die Kanalwartung zusätzlich zu Winterdiensten, Grünpflege etc. durchzuführen provoziert traditionell die Aussage: Was sollen wir denn noch alles machen? Das geht sich nicht auch noch aus!

Das Wissen um den Umfang dieser Tätigkeit, den dafür zur Verfügung stehenden Zeitrahmen und der Art und Weise, wie man diese Tätigkeit dokumentieren kann und muss hilft wie bei den meisten anderen Themen schon sehr viel weiter. Vor allem relativiert das vieles und bewahrt die Netzbetreiber vor übereilten Reaktionen wie „Das müssen wir fremdvergeben, wie sollen wir das sonst bewerkstelligen!?“ Ein beliebter Moment, in dem Blow-Whistler aktiv werden und aus der vermeintlichen Notlage der Netzbetreiber Profit schlagen wollen.

Leider ist die Beschreibung der Kanalwartung inkl. der angegebenen Links zu Unterlagen für die Wartungstätigkeiten längst überholt und die tabellarische Darstellung der Intervalle ("I.d.R. einmal jährlich") auf der Homepage des Amtes der OÖ Landesregierung möglicherweise irreführend. In den neueren/aktuellen Wasserrechtsbescheiden (Beispiel OÖ) steht im Auflagepunkt Eigenüberwachung:

„… Im Rahmen der Eigenüberwachung ist der Kanalstrang durch einfache Sichtprüfung aufbauend auf einem Wartungsplan (zB eines Leitungsinformationssystems) bedarfsgerecht auf Betriebssicherheit und Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Ist ein derartiger Wartungsplan nicht vorhanden, haben diese Sichtprüfungen für das Kanalsystem jedenfalls mindestens alle 5 Jahre zu erfolgen. Die Ergebnisse dieser Durchsicht sind protokollarisch festzuhalten…“

Nicht mehr und nicht weniger. Diesem Umstand ist so kostenschonend, effizient und einfach wie möglich Rechnung zu tragen...

Die Begriffe „Sichtprüfung“ und „bedarfsgerecht“ sind entscheidend: Mit Sichtprüfung ist das Öffnen des Kanaldeckels und Sichtung des Schachtes inkl. des betrieblichen Verhaltens des Kanals gemeint. Optional das Entleeren der Schmutztasse. KEINE Fotodokumentation! Wenn sinnvoll und nötig kann natürlich von Auffälligkeiten ein Foto gemacht werden. Mit „bedarfsgerecht“ kommt die Behörde dem Wissen über die Tatsache, dass jedes Netz einen etwas anderen Bedarf der Wartung hat und der Netzbetreiber das selbst am besten weiß, nach. ABER: Das enthebt den Netzbetreiber natürlich nicht von der Pflicht der Eigenüberwachung. Er darf sich aussuchen, in welchem Turnus er welche Schächte wartet – wird das auf Grundlage seines LIS machen und das dort auch (digital versteht sich) dokumentieren. Die Behörde verlangt ein Datum dieser Sichtinspektion.

Beispielrechnung: Ein Netz mit ca. 10km Länge und 500 Schächten hat per Bescheid die Verpflichtung in einem Zeitraum von 10 Jahren die unterirdische Infrastruktur „Kanal inkl. Schächte und Sonderbauwerke“ von einer Prüffirma reinigen und mittels TV-Kamera befahren zu lassen. Im Wasserrechtsbescheid liest sich das auszugsweise so: „… wiederkehrend im Abstand von 10 Jahren, ist jeweils ein Bericht, erstellt von einem unabhängigen Fachkundigen … vorzulegen.“ Der unabhängige Fachkundige kann nicht der Netzbetreiber selbst sein - das spießt sich mit der Unabhängigkeit und auch nicht der EDV-Mann hinter der Datenbank - da wird die Fachkunde der Forderung etwas hinterherhinken... Tatsächlich wird das von Behördenseite her nicht so streng gesehen. Unverständlich, aber Fakt.

Erfahrungsgemäß schafft man für die Sichtinspektion im Schnitt ca. 50 Schächte pro Tag. Wären also 10 Arbeitstage, die für diese Tätigkeiten aufgewendet werden müssen. Legt man diese 10 Arbeitstage geschickterweise um den Zeitraum von 5 Jahren vor bzw. nach der turnusmäßigen Inspektion einer Prüffirma, dann fällt diese Arbeit 1x in 10 Jahren an. Mit oder ohne Ferialpraktikant: Dieses Problem scheint lösbar.

Welche Werkzeuge man braucht, wie man sich EINMAL geschickt aufstellt und welche Alternativen zur Eigenregie es gibt?

Wir empfehlen EINMALIG gemeinsam mit seinem Fachplaner der Kanalisationsanlage die Aufgabe zeitlich und umfänglich festzulegen, im LIS zu hinterlegen und die Wartungstätigkeit auch in dieses einzupflegen. Mit oder ohne Hilfe einer Software, die die Datenbank visualisiert. Nicht nur, dass keine Urgenz, Strafandrohung oder Verwaltungsstrafe von der Behörde kommt: Diese Arbeit ist äußerst wichtig und daher auch gewissenhaft durchzuführen, weil für die verantwortliche Einzelperson eines Kanalnetzes das im Unglücksfall sonst zu einem Haftungsthema wird.

Möchte man das Ganze auf die nächst höhere Effizienzstufe bringen empfiehlt es sich, mehrere Netze in Form eines z.B. „Wartungsverbandes“ zusammenzuführen. Das kann und wird oft ein Reinhalteverband o.ä. sein – muss aber nicht. Damit können Synergien genutzt werden, personelle Engpässe überwunden und diese Aufgaben zentral verwaltet werden. Die Vorteile sind vielfältig: Örtlich zusammenhängende Anlagenteile können Netzübergreifend als Einheit betrachtet werden und wenn es um die Ausführung der turnusmäßig und per Bescheid vorgeschriebenen Prüfmaßnahmen geht, können Baustellengemeinkosten gespart und Termine/Fristen eingehalten werden. Vorausgesetzt natürlich, dass man sich EINMALIG ein System zurecht gelegt hat, das die entsprechenden Bescheidfristen für z.B. Zonenvorlageberichte o.ä. in einem 10-jährlich wiederkehrenden Rhythmus behirnt hat.

Wie immer und überall gibt es natürlich Personen, die sicherheitshalber gegen alles sind. Macht gar nichts. Die können das auch in Zukunft selbst machen, sich über verstrichene Fristen und Urgenzschreiben nebst Verwaltungsstrafen der Behörde ärgern, Einzelvergaben diverser Dienstleistungen etc. selbst durchführen, den Überblick (terminlich und monetär) inkl. Koordination verlieren und am Ende trotzdem behaupten: Den ganzen Mist brauch ich nicht, hab ich ja gewusst.

Oder sie kommen drauf, dass das eigentlich recht lästige Arbeiten sind und es schön wäre, wenn sich „automatisch“ jemand anderer darum kümmert. Alles ist möglich.

Informieren Sie sich gerne bei uns über die Möglichkeiten der digitalen Verwaltung ihrer Infrastrukturen. Von der Freeware-Variante zum Abrufen der in der Datenbank hinterlegten Informationen über die kostenschonende Variante mit Wartungstool (Kanal, Wasser, Strassen, ...) bis zum Mercedes dieser Thematik lässt sich das optimale Tool für jede Größe und Art von Infrastrukturen für Sie finden. Versprochen!